Betrachtungen über einen goldenen Kern

Sunday, October 30, 2005

Gretchen am Spinnrad

1 ½ Monate Euphorie, Rausch, Hingabe, ein jähes Ende, gefolgt von fast zweimonatiger Abwicklung des gerade noch im Wachsen begriffenen – wie kann es sein, dass ein Herz darüber mehr blutet, leckt, als nach dem Ende einer über ein Jahrzehnt gehaltenen Ehe, einem fast 15 Jahre lang geteilten Leben voller Höhen und manchem Absturz? Daß nicht einmal 4 Monate ein Selbstbewußtsein regelrecht geschreddert zurücklassen? Was hängt mehr nach – eine nicht einlösbare Verheißung oder der Abschied von einem liebgewonnenen, da oftmals reichgedeckten Tisch? Vom Tisch ging ich gesättigt, erfüllt im wahrsten Sinne des Wortes, gewiß es hätte gerne noch viele Einladungen geben dürfen, doch Hunger war mir selbst dann noch fremd geblieben, als ein Anderer bereits Platz zu nehmen begann. Die innere Stimme schrie nicht: mehr, mehr! Sie empfand Demut vor der Tatsache, so lange an diesem Tisch gesessen zu haben, fast war es schon selbstverständlich geworden - Mausefalle derer, die das Tagwerk ignorieren, dass jener besoffene Zustand namens Glück verlangt.
Der Widerspruch ist keiner.
Verdammt viel schwerer, mit dem Unerfüllten weiterzuleben, als einer guten Zeit zu sagen: bleib Teil meines Lebens, without a bitter taste, so geschehen und nicht nur im klugen Ratgeber nachgeblättert.
Jedoch: die Deckung verlassen, sich öffnen und auf erprobten Stärken setzend, um dann beim Erreichen der ersten Klettersteige erleben zu müssen, wie man Dich mit einem Vorwurf erlegt der da lautet: Du bist nicht so wie das Bild, das ich von Dir hatte – das haut rein. Gewiß, adäquate Reaktion hieße dann: jage die Alte zum Teufel. Formal ließ dieser Schritt auch nicht lange auf sich warten. Und doch kennt noch immer jeder Tag seinen Blues. Ich sah in diesem Gesicht etwas, das ich nicht vergessen kann, und dieses Nichtvergessenkönnen speist die unverheilte Wunde.

DragonOfTheDawn


DragonOfTheDawn ist der Netzname meines Ehemannes. Diesen Namen habe ich vor vielen Jahren für ihn gemacht. Wir lernten uns tatsächlich über das netz kennen und zwar im nicht mehr existierenden ZartHart Chat den Wunibald damals zusammen mit der schönsten deutschsprachigen SM-Seite webmasterte.

Ich war schon eine Zeit lang dort, als Michael eines Nachts kam. Sein Netzname lautete GeminiTop. Ich habe ihm per icq eine Nachricht geschickt, er antwortete und dann ging alles sehr schnell. Im ersten Telefonat war es um uns geschehen, wir starteten um 11.00 nachts und hörten um 6:30 auf und zwar nur weil Michael los musste.

Es hat dann doch noch mehr als ein qäulendes ganzes Jahr gedauert bis ich am 04.08.2001 zu ihm zog.

Torsten, mein erster Ehemann, wusste von anfang an von Michael, ich habe mich auch immer wieder bemüht ihm die Stärke des Gefühles klarzumachen und habe beiden Männern ein Jahr lang versucth die Polygamie beizubiegen, aber das ist der Punkt. Menschen die monogam veranlagt sind und für die dies auch die einzig sichere Beziehungsstruktur ist, können faktisch nur unter Zwang polygam leben und das widerstrebt meiner Ethik.

Das bedeutet ich war gezwungen zwischen 2 Männern, die ich liebe zu wählen. Ich wünsche keinem Menschen eine solche Wahl. Am Ende bewies ich erstmalig in meinem Liebesleben Feigheit, schlief noch 2 Nächte höchst ausgiebig und wundervoll mit Torsten, und packte eben am 4. August meine Sachen im Wissen, dass ich ihn verlasse. Der Moment auf dem Bahnhof war grauenhaft. Ich habe ihn dann von HH aus sehr schnell angerufen und begonnen zu sagen was los ist und ein paar Tage später hat er sich dann, mittlerweile war ich mit Michael in Herne, ebenfalls am Telefon von mir getrennt.

Auch ein solches Telefonat wünsche ich niemanden.

Was nach nun über 4 Jahren mit Michael festzustellen bleibt ist dies, was ich seit 2000 gebetsmühlenartig wiederholt habe: Ich habe Torsten - nach reiflicher Überlegung - geheiratet, weil ich glaubte dass ich nie mehr einen Mann treffe, den ich mehr liebe, weil Torsten das verdammt noch mal Schärfste unter der Sonne war! Polygame heiraten nicht leichtfertig.

Michael hat mich in jeder Beziehung überrascht.

Saturday, October 29, 2005

Those were the days my friend

schrieb gerade jemand im chat der Peitsche.

Time to live
Time to die

Time to aim your arrows on the sky

Take it easy baby
Take it as it comes

Don*t move to fast
if you want

your love to last

Words to live by

von Jim Morrison/Doors

Crossroads

KreuzwegeZeit.

Opfer wie stets.

Friday, October 28, 2005

Goldener Kern II

Torsten, aka GreyLaird, auch bekannt als der Mann mit dem ich immerhin rund 15 Jahre hauptsächlich Leben teilte, hat sich entschlossen an diesen Betrachtungen teilzunehmen.
Ich freue mich auf seinen ersten Eintrag.

"Im Blog Betrachtungen über einen goldenen Kern wurde ein ungewöhnlich hoher Anteil von Adjektiven gesichtet."

Der letzte Absatz war ein persönlicher running gag between Torsten and me.

Thursday, October 27, 2005

Oktoberende / 22. Grad

Ich bin ein Herbstkind, beglückt über Sturm, fallende Blätter, die Gerüche des Herbstes und seine Farben. Zum Herbst gehört auch das Fallen der Temperatur, dieser Herbst enttäuscht mich bisher diesbezüglich grandios.

Ansonsten könnte mein Leben momentan kaum weiter weg vom Zustand des Enttäuschtseins sein. Wobei Enttäuschtsein ist eh keine Stärke von mir, liegt im Dumme-Gefühlszustände-die-man tunlichst-vermeiden-sollte Gebiet gleich neben Resignation und unerfüllter Liebe. Ja, unerfüllte Liebe ist dann wieder Nachbar des Sumpfgebietes verletzte Gefühle. Verletzte Gefühle scheint mir Grundlage für eine hohe Menge an irrationalem Verhalten zu sein.

Ab und an tauche in die Chatwelt ein, meistens in der Peitsche bei spinchat.

Tuesday, October 25, 2005

Verhangen, noch nicht ganz hell und glückselig taumelnder Morgen

Es regnet, ist noch nicht hell und die Sonne nur eine Ahnung. Die Ereignisse der Nacht allerdings lassen mich glückselig taumeln. Nach rund 9 Monaten haben Michael und ich in der vergangenen Nacht miteinander geschlafen. Nach 9 Monaten.

Eine irre lange Zeit, die allerlängste Zeit in meinen Leben, seit ich an meinem 15. Geburtstag mit Sex begann.

Ich schätze ein Rektumkarzinom (T3=so ungefähre Überlebensrate auf 5 Jahre von 47%) hat auch bei anderen Paaren diese Folge und um ehrlich zu sein, es war früher als von mir erwartet. Ich würde es auch nicht als Vögeln von Anfang bis Ende bezeichnen, da das Kommen Michael immer noch solchen Schmerz (natürlich mit Lust gemixt) bereitet, daß wir dieses Ausprobieren auf ein anderes Mal verschoben haben. Aber alleine ihn wieder in mir zu spüren, meinen so sehr geliebten Mann um dessen Überleben wir eben seit 9 Monaten kämpfen, war so überaus beglückend.

Monday, October 24, 2005

Goldener Kern

Warum eigentlich goldener Kern? Gerne würde ich jetzt das Photo des Bildes, das Torsten vor vielen Jahren für mich zeichnete, zeigen. Dieses wundervolle Werk jedenfalls titelte er: Betrachtungen über einen goldenen Kern.

Es war morgens entstanden bevor er arbeiten ging und mir besonders wichtig. Da ich eine feste Anhängerin des wenn ein Ding besonders wichtig für dich ist, ist es ein gutes Geschenk für jemand anderen, bin, nahm ich dieses geliebte Bild mit zu meiner Mutter. Mami liegt im Wachkoma nach dem 12. Suizidversuch, daß ist der gegenwärtige Stand und das wird er auch bleiben solange sie lebt, da ein grosser Teil des Gehirnes zerstört ist. Sie hat allerdings Empfindungen, aber was sie erlebt ist genauso unklar für mich, da sie ja nicht darüber sprechen kann.

Ich nahm es also mit in diese ausgezeichnete Klinik im Herzen des Hunsrücks, wo Menschen wie meine Mutter auf der Station Schneidewind liegen, die die sonnendurchfluteste der ganzen Klinik ist und wo meine Mutter morgens von den Pflegern zum Eingang geschoben wird, neben die Schwestern. Das finde ich gut, sie hört, bzw. spürt sie ist nicht allein und ist nicht allein sein, dass was uns (Menschen) in den Wahnsinn treiben kann.

Ich nahm es also mit und hing es über ihr Bett, an eines ihrer Bilder die Manfred, der vermutlich einzige Mann der sie tatsächlich liebte, dort aufgehangen hat.


Als ich das nächste Mal kam, war Betrachtungen über einen goldenen Kern fort.


Manfred ich sprechen nicht miteinander, ich kann also nur spekulieren. Aber wie ich die bösartige Eifersucht von Manfred kenne, hat er es abgenommen und zerstört. Ich habe viel Geduld mit Manfred, er rechnet sich Schuld an an ihrer Entscheidung.

Aber ich vermisse Betrachtungen über einen goldenen Kern sehr.

Irritierend warmer Oktober

Heute morgen war ich gegen 10 am immerhin 23. Oktober in einem dünnen T-Shirt und einer Sommerhose unterwegs. Mich im Gegensatz zu vielen anderen irritiert diese Wärme an der Schwelle zum November. Alina nennt es MalariaWetter und so fühlt es sich auch an.

Ansonsten ein Tag mit ungeheuer vielen ausgedehnten und schönen Telefonaten, wobei besonders die 2 Stunden mit Torsten hervorzuheben sind, am Morgen. Nach fast 19 Jahren sind wir natürlich ein eingespieltes Team, auch was das Telefonieren angeht. Wir schweiften fein herum, die Hälfte der Zeit sass Torsten am Klavier und spielte, während wir sprachen. Sehr hübsch.

Fest steht Digeridoos in geheizten katholischen Kirchen sind auch mit Begeisterung vorgetragen nicht unbedingt ein funktionierendes Konzept( sein Erlebnis, nicht meines), vermutlich fehlten der rote Sand und nen paar Aborigines.

Saturday, October 22, 2005

Alles ist gut.

Friday, October 21, 2005

Bina

Bina, wenn auch bis jetzt nur schriftlich oder telefonisch, kennengelernt zu haben ist eine Bereicherung. Sie und ich haben im Moment beide eine leicht/schwere Zeit, d.h. Entwicklungen über die wir sehr glücklich sind und andere die belasten. Da wir beide Musik machen und auch einen Teil der Wurzeln i.S. von Herkunft teilen sind gemeinsame Telefonate, auch wenn in ihrem Verlauf sehr schwierige Dinge besprochen werden, beruhigend, erfrischend, kraftspendend und immer auch urkomisch.

Also ich hoffe, das es mit einem Besuch von ihr und ihrem Liebsten hier in Berlin klappt.

Sie hat das Lachen, dass auch ich habe und das mir so sehr fehlt seit Mami im Wachkoma liegt. Natürlich haben auch andere in meiner Familie dieses Lachen, aber es spezifisch genug, dass ich es nur bei Menschen gefunden habe mit denen ich Herkunft teile.

Gerade noch Nacht

Ich liebe es früh zu erwachen, noch vor der Morgendämmerung, um den Anbruch des Tages mitzuerleben. Der vierte Stock und die freie Sicht machen es in dieser Wohnung besonders leicht.
Womit ich als Lichtabgehärtete allerdings nicht rechnete: Lichtempfindliche können hier nur mit Sonnenbrille oder zugezogenen Vorhängen unter direkter Einstrahlung bestehen.

Jeder Tag und jeder Spaziergang sind für uns jetzt ein Sieg. Also hatten wir gestern einen ebensolchen, zwar spät aber ein wenig Tageslicht haben wir noch abgeschnäppt. Wie schwer Michael es hat überhaupt aus dem Haus zu kommen und wie tapfer er ist! Der Nettomarkt hier in Berlin Treptow bietet nicht nur gute Preise und ein ausgewogenes Sortiment, sondern auch bei beinahe jedem Einkauf Erlebnisse. Gestern war es hinter uns an der Kasse ein junger und sehr schöner Mann, mit dem wir uns unterhielten. Er kaufte nicht nur Schnaps, sondern roch auch sehr nach Alkohol, was für eine Tragik.

Ich denke viel an Torstens Onkel Manfred, der mit vielfältigen Malaisen auf der Intensivstation liegt oder jetzt gerade nicht mehr. Er ist für Torsten ein 2. Vater und auch ich bin ihm in den langen Jahren der Beziehung mit Torsten nahegekommen. Also Onkel Manfred: "Aber feste"!

Ein erst kürzlich entstandener Kontakt freut mich sehr: Bina aus Lübeck.

Thursday, October 20, 2005

Morgenhimmel

Ein unglaublicher Himmel.

Unglaublich schwere Zeit - wir überleben.

SonnenschwarzeRose
dein Duft verwirrt

unendlich

Krebs des geliebten Menschen verändert nicht die Liebe, aber die Todesdrohung kristallisiert.