Sunday, November 27, 2005

Ein Winterspaziergang

Meine wiederholten Rufe nach Schnee, endlich Schnee! wurden erhört. Anscheinend in Teilen des Bundesgebietes mit mehr Schnee als gut zu bewältigen war, aber so ist es manchmal mit erhörten Wünschen.

Hier in Berlin jedenfalls ist der Schnee genau in der richtigen Menge gefallen. Freitag morgen wachte ich auf, schaute aus dem Fenster und da war er: der 1.Schnee. Ich bin dann nach ein paar Tassen Tee gleich rausgegangen, obwohl mittlerweile Schneetreiben herrschte. Nichts was man aber mit ein paar strategisch gut plazierten Tüchern und einer warmen Jacke nicht im Griff haben könnte. Mein erster Schneespaziergang war wundervoll. Als ich auf den letzten 200-300 Metern nach hause war, habe ich die Tücher runtergeschoben und mir den Wind und Schnee ins Gesicht wehen lassen. Tja, so sind die Gelüste der Winterliebenden.

Blaukalten Himmel
seh ich durch die Tränen
die der scharfe Wind in meine Augen trieb

Winter, geliebter Herrscher
du bist zurück

und ich die Deine

Gedicht im Februar eines Jahres als der Januar furchtbar warm war und es nach Winterende roch.....

Gestern nachmittag jedenfalls, bzw am späten Mittag, gegen nach 13.00 Uhr, brachen wir zu einem Spaziergang mit Einkauf auf. Die Sonne strahlte unglaublich, dieses spezielle Licht wenn es auf die Wintersonnenwende zugeht, es war kalt und es lag ein wenig - genau - Schnee. Michael und ich brachen auf und als wir am Discounter ankamen, beschlossen aufgrund der herrlichen Luft und des Vergnügens draussen zu sein, noch weiterzulaufen. An der Kottbusser Brücke gibt es eine kleine Bar/Kneipe, hiess früher mal Atlantis (wovon das herrliche Mandala-Fische Deckengemälde noch zeugt) jetzt *weiss der henker* und ist neben den ganzen ähm schicken Läden eine höchst angenehme Alternative.

Bei den benachbarten Läden hat es mir besonders das Cafe Klassik angetan, dort wurden Torsten und ich vor Jahren von *natürlich* Uta und Max hinverpflichtet. Schlechte Klassik, schlechter Service, scheussliches Publikum. Das jetzt anders heissende Atlantis jedenfalls ist nen ganz anderes Kaliber, die meisten Gäste sind Stammkunden und sie weisen tatsächlich die früher oft gerühmte Kreuzberger Mischung auf. Plus die Musik ist gut! Jedenfalls haben sie eine neue Bedienung, sehr angenehm und fast schon schön. Sie machte und einen Milchkaffee und wir sassen in der Wärme, wohlig denselben trinkend. Als wir dann wieder losgingen, stand die Sonne schon so tief, dass sie hinter den Häusern am Kanal stand, also hatten wir keine Sonneneinstrahlung auf dem Rückweg.

Ein kurzer Einkauf im völlig überfüllten Lidl, sehr agressive Stimmung, wir machten, dass wir rauskamen und dann schnell nach hause. Zu den im Wortsinne Fleischtöpfen, Michael hatte am Tag zuvor irgendeinen unglaublichen Braten gemacht, Rindfleisch gespickt mit Knoblauch und diversem anderen. Dies gab es jedenfalls mit Kartoffeln und Rosenkohl und dazu den von Krapp (Feinkostladen in Berlin) Rezept geklauten Frühlingssalat. Also ein kulinarisches Fest. Als dann auch noch Dortmund gegen Nürnberg gewann, war zumindestens Michael (geb. Dortmunder, da liegt das wohl im Blut) noch glücklicher und ich sowieso.

Eine solche Krankheit wie Krebs, das ganze Leid, die schrechklichen Operationen und die ganze Zeit im Krankenhaus haben dieses Jahr bestimmt und hängen uns natürlich nach. Aber jeder Tag Normalität, jeder Spaziergang und jeder Sex sind nach diesen Erfahrungen Siege. Für Menschen, die so etwas nicht erlebt haben sicher nicht nachzuvollziehen. Wir leben in der festen Überzeugung, das Michael zu den 47% Überlebenden gehören wird und selbst wenn es nicht so sein sollte, ist es auf jeden Fall besser so zu leben, als in Angst. Angst macht verrückt.

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